Remus' Weg

Wir hatten am 4. September einen Gerichtstermin wegen dem Autounfall von letztem Jahr, die Unfallgegnerin möchte unbedingt das wir für Alleinschuldig befunden werden. Dabei tragen wir gar keine Schuld. Sie ist rückwärts vom Parkplatz auf die Straße gefahren. Sie stand zwischen zwei parkenden Autos und zieht rückwärts raus. Wir konnten nicht rechtzeitig Bremsen und fahren ihr hinten rein. Mein Auto war nicht mehr Fahrbereit und ich hatte deswegen mehrere Wochen kein Fahrzeug, was mit zwei kleinen Kindern auf dem Land ganz schön nervig ist. Remus war bei dem Unfall dabei, und manchmal habe ich mich auch gefragt, ob das vielleicht der Auslöser war. Aber die Ärzte meinen, dass es sich um eine Krankheit handelt, die nicht ausgelöst wird, sondern einfach da ist. Wo ich nichts hätte tun können um zu verhindern das sie ausbricht. Zum Termin war mein Mann, unsere Versicherung und meine Mutter (da sie Fahrzeughalterin war) als Angeklagte geladen. Ich war als Zeugin geladen und durfte der Verhandlung nicht beiwohnen, außer um meine Aussage zu machen. Remus war auch mit und hat sich brav benommen.

Mein armer Sebastian war so nervös und auch nach dem Termin sehr geschafft. Der ganze Termin war purer Stress für uns alle, obwohl wir uns nichts vorzuwerfen haben. Das Ergebnis der Verhandlung war auch bald im Briefkasten und damit haben wir eine 25%ige Schuld zugeschoben bekommen. Aber das war der guten Frau nicht genug und haben Ende des Monats ein Schreiben bekommen, dass Sie in Berufung geht. Kann diese Dame uns nicht einfach in ruhe lassen? Wir können doch nichts dafür, dass die Ihren neuen BMW nur Haftpflichtversichert hat. Wir haben ganz andere viel wichtigere Probleme. Von uns kann Sie auch kein Geld erwarten, weil wir keins haben. Ich habe von September bis Dezember kein Fahrzeug gehabt. Warum kann die nicht einfach aufhören uns das Leben noch schwerer zu machen, wir möchten doch einfach in Ruhe gelassen werden und die Zeit genießen die uns bleibt.

Am 6. September hatte ich einen Termin mit der Katharina Kasper Stiftung. Hierhin habe ich Doro meine Hebamme und Remus mitgenommen. Das Gespräch mit den beiden Damen der Stiftung hat sehr lange gedauert und war wirklich gut. Die Stiftung besorgt mir eine Haushaltshilfe, damit ich mich nicht auch noch um den Haushalt kümmern muss, sie werden für mich im Hospiz und beim Bunten Kreis anrufen. Außerdem werden sie die Nink Stiftung ansprechen wegen einem zweiten Bett für Lila, da diese mehrfach geäußert hat das sie gerne bei Remus schlafen möchte. Das Gespräch war sehr erleichternd für mich und ich bin mit dem Gefühl da weggegangen, dass man sich gut um uns als Familie kümmern wird.

Am schnellsten hat das mit dem Bett funktioniert, Lila schläft nun schon seit ein paar Wochen bei Remus im Zimmer und ist sehr glücklich da drüber. Sie ist sogar mit Sebastian und einem Mitarbeiter der Nink Stiftung nach zum Ikea gefahren und hat sich ihr „hübsches Bett“ selbst ausgesucht. Seit dem gibt es auch viel weniger Stress, wenn Sie abends ins Bett soll.

Am 9. September war ich mit Remus wegen einer Erkältung beim Kinderarzt um sicher zu gehen, dass er sich keine weitere Lungenentzündung zuzieht. Im Wartezimmer habe ich dann einen der wichtigsten Anrufe meines Lebens erhalten. Remus‘ Diagnose steht fest. Es ist Gangliosidose GM1. Natürlich konnte ich mich jetzt nicht mehr beherrschen. Die ganze Zeit habe ich versucht nicht zu googeln, weil man sich damit mehr Angst macht als notwendig, aber dieses mal konnte ich nicht anders. Das Fazit was ich daraus gezogen habe war, dass mein Sohn vermutlich keine 3 Jahre alt wird und es nichts gibt um die Krankheit aufzuhalten. Selbstverständlich habe ich das ganze auch sofort mit der Kinderärztin besprochen, der der Dr. Stüve den Bericht vom Gentechniker geschickt hat. Auch unsere Ärztin war geschockt und wusste erstmal nicht weiter. Also bin ich Heim. Meiner Mama und Sebastian habe ich auch bescheid gegeben und dann habe ich Lila’s Musikschule abgesagt, darauf hatte ich keine Lust mehr.

Ich wusste nicht recht was ich machen sollte, also habe ich erstmal jeden informiert, der informiert werden wollte. Dann habe ich mich hingelegt und geschlafen. Danach habe ich dann meine Tochter aus der Kita geholt und die Kindergärtnerinnen und die Chefin der Kita informiert. Mit meinen Kindern bin ich dann zu meiner Oma gefahren um auch die zu informieren und im engen Kreis der Familie, die Nachricht zu verdauen. Auch meine Mama kam dazu und später auch Sebastian. Das was mich am meisten geschockt hat, ist das wir nicht 10 oder 5 Jahre haben, wir haben nicht mal 3. Remus hat im Endeffekt bereits die hälfte seines Lebens hinter sich wenn man den Statistiken glaubt. Auch meiner Schwester habe ich endlich gesagt, dass Remus nicht gesund wird und auch gleich dabei, dass er vermutlich das Grundschulalter nicht erreichen wird. Sie hat es nicht gut aufgenommen, aber das haben wir ja vorher gewusst, deswegen haben wir es erst so spät gesagt.

Am Ende dieses Tages habe ich wieder die Kraft gehabt weiter zu machen. Ich habe meine Motivation und ich werde nicht versagen. Denn meine wichtigsten Gedanken sind:

Remus‘ Leben zu feiern, solange er bei uns ist und nicht traurig zu sein, dass er gehen muss.

Die Zeit die uns bleibt werden wir als Familie genießen.

Wir werden Remus‘ und Lila’s Leben so schön machen wie wir können. Und dafür müssen wir lernen Hilfe anzunehmen.

Am nächsten Tag kam Frau Heuing-Otterbach meine Ansprechpartnerin von der Katharina-Kasper-Stiftung. Ihr habe ich dann auch nochmal alles erzählt und mit Ihr besprochen, was bereits passiert ist und was noch nicht. Sie versucht nochmal wegen der Haushaltshilfe eine Information zu bekommen und spricht auch nochmal mit dem Bunten Kreis. Außerdem soll ich bitte noch im Kinderhospizverein in Koblenz anrufen (das habe ich bis heute 5.10. noch nicht geschafft). Außerdem haben wir noch kurz besprochen wann mein Mann mit Frau Dr. Rieke spricht, die sich etwas um Ihn kümmern wird, da er ja auch jemanden braucht. Es ist mir sehr wichtig, dass auch mein Mann jemanden zum sprechen hat. Außerdem möchte ich gerne, dass auch er zum Psychologen geht, wir sind in keiner leichten Situation und das kann und muss er nicht alleine bewältigen. Und mir fehlt einfach die Kraft dazu auch ihn immer zu stützen. Manchmal geht das aber nicht dauerhaft. Ich habe auch mit der Stiftung gesprochen, dass ich gerne jemanden hätte der sich auch mit Lila unterhält, hier ist aber noch nichts passiert.

Am 12.09. hatten wir dann unseren Termin mit Dr. Stüve in der Kinderklinik Köln, hier haben wir dann auch Lila mitgenommen. Aber im Prinzip gab es nichts, dass wir noch nicht wussten. Remus ist sehr krank und es gibt keine Möglichkeit zur Heilung, Besserung, Stagnatur. Wir können nichts machen, außer Ihm das Leben so schön wie möglich zu machen. Es ist möglich, dass der Gen-Defekt bereits in mir und Sebastian steckt und somit eine 25% Chance besteht, diesen an unsere Kinder weiterzugeben. Das bedeutet, dass sowohl Sebastian als auch ich uns bei einem Humangenetiker testen lassen müssen. Denn wenn einer oder beide von uns das defekte Gen haben, müssen wir nicht nur Lila testen lassen, sondern auch unsere Schwestern informieren. Denn wenn auch die das Gen haben muss bereits bei Schwangerschaftswunsch darauf geachtet werden, damit es sich nicht weitervererbt. Und im Fall meiner Schwägerin muss auch deren Sohn getestet werden. Leider haben wir hier bisher auch noch keinen Termin.

Am 18.09. hatte Sebastian dann seinen Termin bei Frau Dr. Rieken von der Katharina-Kasper-Stiftung. Was genau die alles besprochen haben weiß ich natürlich nicht, aber Sebastian hat von meiner Idee für den Blog erzählt und Frau Dr. Rieken war von der Idee begeistert. Also hat Sie zugestimmt für mich ein Notebook zu besorgen, damit ich den Blog schreiben kann. Denn es fällt mir sehr schwer am PC zu arbeiten, da ich dann nicht bei meinen Kindern sein kann. Wenn ich am Laptop arbeite, kann ich das wenigstens mit Blick auf die Kinder machen. Eine Woche später war das gute Stück dann da und was soll ich sage, ich liebe es und habe darauf fast alle Beiträge geschrieben. Gespendet wurde mir das Laptop von der Stiftung Helft uns Leben der Rhein-Zeitung.

Als nächstes habe ich dann den Anruf vom Bunten Kreis in Koblenz bekommen. Hier bin ich mir noch nicht ganz sicher was ich zu erwarten habe, da der Termin am 17. & 21.09. abgesagt wurde. Es sollte eigentlich ein GDB (Grad der Behinderung/Behindertenausweis) und eine höhere Pflegestufe beantragt werden. Als die für uns zuständige Sachbearbeiterin endlich aus dem Urlaub zurück kam und die Sachen selbst in die Hand nahm, ging es endlich vorwärts. Zumindest hatten wir einen Termin am 30.09., aber bis dahin hatte ich das Formular für den GDB bereits selbst ausgefüllt und weggeschickt. Unter anderem auch deswegen, weil ich auch für mich selbst auf Grund der Depressionen einen beantragt habe. Und was die Pflegestufe betrifft musste ich nur bei der Krankenkasse anrufen, es wir dann ab Anruf gezählt. Das heißt wenn die neue Begutachtung durch ist, bekomme ich das Geld für die höhere Pflegestufe ab dem Tag den ich angerufen habe um eine höhere zu beantragen. Wenn ich das gewusst hätte hätte ich das schon im Juli gemacht, da wir seid dem sehen, dass alles rückläufig ist und auch damals schon Diagnosen bestanden, bezüglich seines Gehirns. Naja drei Monate verloren.

In der Woche vom 16. – 22.09. war dann nicht nur Remus, sondern auch Lila krank. Diese Woche war schlimm. Lila habe ich dann nämlich mit zu allen Therapien nehmen müssen: Physiotherapie, Ergotherapie, Heilpädagogik und zum Termin im HTZ mit Fr. Dr. Lipowski. Lila hat natürlich alle Seiten gezeigt die sie hat. Von artig – zickig war alles dabei. Am Donnerstag in der Psychotherapie-Gruppe war ich dann so erschöpft, dass diese mir als Entspannung vorkam, dabei sind die normalerweise ziemlich kraftraubend.

Bei dem Termin mit Fr. Dr. Lipowski habe ich besprochen, dass ich gerne die Physiotherapie nach Hause haben möchte, da mir die Fahrerei nach Koblenz zu viel wird, besonders weil wir mit Remus kein Voijta mehr machen, da es für ihn einfach zu anstrengend geworden ist. Im Augenblick machen wir nur noch Atemübungen und Entspannungsgriffe aus der Osteopathie. Frau Dr. hat dem sofort zugestimmt und auch angeregt, dass ein Logopäde zu uns kommt, damit dieser im Auge behält ab wann Remus mit normaler Ernährung nicht mehr zurecht kommt und wir auf alternativen zurück greifen müssen. Über kurz oder lang muss ich ihn auf jeden Fall anders ernähren, da er schon keine Brote mehr essen kann sondern nur noch Brei. Außerdem hat sie mir noch einen Sitz verschrieben, den ich nutzen kann um mit Remus z.B. einkaufen zu gehen. Aktuell nehme ich dafür noch immer die Babyschale, aber er wird nicht mehr so lange da rein passen. Ich habe auch nachgefragt, ob Sie eine Tragemöglichkeit für Ihn kennt, da er Manduka ja nicht mehr sonderlich mag, aber mir auch langsam zu schwer wird, da er ja gar keine Körperspannung mehr hat. Ihr viel auf Anhieb nur der „Easy Rider – Kindertragesitz“ ein, den habe ich aber bereits von meiner Ergotherapeutin geliehen bekommen um den auszuprobieren. Und für ein paar Minuten ging das auch gut und war erleichternd, aber dann ist mein kleiner Prinz immer wieder runtergerutscht und es wurde noch komplizierter ihn zu tragen. Also leider nichts für mich.

Bei der Heilpädagogik waren wir dann zum zweiten Mal und Lila hat dort erstmal ins Büro gepullert. Frau Büscher hatte Gott sei Dank viel Verständnis für uns und hat Lila erstmal geduscht während ich Ihre Wechselklamotten aus dem Auto geholt hab. Die restliche Sitzung haben wir dann damit verbracht, dass wir Remus seine Diagnose und unser umgehen damit besprochen haben. Außerdem hat Sie mir die Angst vor dem Kinderhospiz genommen. Remus hat in der ganzen Zeit selig geschlafen, da er vom ganzen kranksein total geschafft war.

Am 27.09. kam dann Frau Heuing-Otterbach nochmal vorbei und hat uns eine Kandidatin für die Stelle als Haushaltshilfe mitgebracht. Gracilda ist ein Schatz. Sie hat dann auch direkt zugesagt am 1.10. zu kommen. Endlich ist auch das erledigt.

Jetzt ist nur noch folgendes offen:

  • Kinderhospizverein Koblenz anrufen
  • Villa Metabolica anrufen
  • Termin für Sarah und Sebastian beim Humangenetiker vereinbaren
  • Blog fertig machen und online stellen
  • Erstgespräch im Kinderhospiz Bärenherz Wiesbaden wahrnehmen
  • Beim Sanitätshaus nachfragen, was mit dem Pflegebett und der Badewannenliege ist
Wir lassen uns das Leben nicht vermiesen